Märklin Sortimentskasten: Teileplakat

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Norbert Germany
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Märklin Sortimentskasten: Teileplakat

#1632

Beitrag von Norbert »

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Hallo Märklinfreunde,

inzwischen habe ich für meine im April d.J. (https://metallbaukasten-forum.de/viewto ... 1570#p1570) vorgestellten Facheinteilungen einen gut erhaltenen Sortimentskasten No. 250 erwerben können.

Der mit vier Schubladen versehene Holzkasten 42 x 40 cm, 32 cm hoch, fein lackiert, hat auf der den Kunden zugewandten Rückseite einen Leistenrahmen, der eine Glasscheibe mit einem darunter liegenden farbiges Plakat hält, welches das aktuelle Sortiment der Normal-Einzelteile zeigt, die der Händler vorrätig halten sollte.

Die untere, den Rahmen verschließende Leiste ist nur noch als vom Holzwurm bearbeitetes Fragment erhalten und muß erneuert werden.
Zunächst aber habe ich mich aber mit dem Plakat, Größe 38 cm x 29,3 cm, befaßt, das der Vorbesitzer von einer Restauratorin hat bearbeiten lassen, um Schimmelbefall zu beseitigen und bereits entstandene Löcher zu verschließen. Von ihm habe ich erfahren, daß der Schimmel mit Weißbrot entfernt und die Löcher mit selbst angerührter Papiermaché verschlossen wurden.

Leider konnten der große, durch Feuchtigkeit entstandene braune Fleck und die vielen Stippen nicht mehr beseitigt werden. Das habe ich als Herausforderung wahrgenommen, diese Mängel duch elektronische Bildverarbeitung soweit zu beseitigen, daß ein ansehnliches Bild entsteht.

Natürlich werde ich das Originalbild bei dem Kasten belassen, zumal ich keinen Stellplatz habe, an dem man sowohl die Vorder-, als auch die Rückseite des Kastens begutachten kann.

Hier nun das Originalbild und die restaurierte Version, beide in einer Auflösung von 300 dpi (bearbeitet wurde eine 600 dpi-Version).
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1930 Märklin MBK Normale Einzelteile 300 orig.jpg
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1930 Märklin MBK Normale Einzelteile 300 b2.jpg
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Das Bild zeigt das Sortiment an Normalteilen - das sind solche , die in den normalen Kasten No. 0 – 6 enthalten waren – die ab 1929, nach Einführung farbiger Teile, den Kasten beigegeben wurden. Ich denke, das Plakat ist ein schönes Wandbild für ein Märklin-Zimmer.

Den Sortimentskasten selbst gab es ausweislich der Seite 215 der Hauptkataloges O19 bereits 1920, also bald nachdem Märklin durch den Versailler Friedensvertrag gezwungen war, den Markennnamen MECCANO durch MÄRKLIN Metallbaukasten zu ersetzen:
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MHK_1920_#O19-K215.jpg
1920: Erstes Bild des Sortimentskastens.
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MMP_1930-02_#M262A-01r.jpg
Ab Februar 1930 erscheint dieses Bild in der Einzelteilliste M 262 A.
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MMP_1930-07_#M262-01r.jpg
Bereits im Juli desselben Jahres erscheint dieses geändertes Bild des Sortimentskastens.
(Durch einen Ausriß in der ersten Seite sieht man einen Teil von No. 80 Achse mit 2 Rädern (Spur 1) von der dritten Seite).
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Der Märklin-Schriftzug ist nun nicht mehr oben, sondern auf beiden Seiten des Kastens angebracht, wo er nun auch von vor der Verkaufstheke stehenden jungen Märklin-Freunden gelesen werden kann.

Leider ist mir bis heute keine Stückliste bekannt, nach der die Sortimentskasten befüllt wurden. Bei den Normalteilen gehe ich davon aus, daß alle Teile eines 6er Baukastens vorgehalten wurden, wobei jedoch die massig vorhandenen Einzelteile, wie z.B. Winkelstücke #12, Schrauben #37, Klammern #86 und U-Scheiben #87 nur in erheblich reduzierter Anzahl vorhanden waren.

Die Erstbefüllung eines Sortimentskasten #254 für Spezialteile ist mir ebenfalls unbekannt. Wahrscheinlich kam er überhaupt nur für große Händler in Frage und ist deswegen dementsprechend selten. Fraglich ist es daher auch, ob es jemals ein entsprechendes Rückseiten-Bild mit Spezialteilen gegeben hat.

Für alle Sortimentskasten gilt jedoch: die Erstbestückung ist nur ein kurze Zeit gültige Füllung, denn jeder Händler wird haupsächlich die meistverkauften Einzelteile nachbestellt haben. Somit ist jeder heute noch existierende Sortimentskasten, bei aller Variabilität des Inhalts, ein Original und gleichzeitig ein Unikat.

Das erleichtert zwar die Bestückung nach eigener Vorstellung, ist aber trotzdem irgendwie unbefriedigend. Zu gegebener Zeit werde ich über meine Lösung dieses Dilemmas berichten.

Ich bedanke mich bei Norwin Rietsch für seine Hinweise zu diesem Thema, veröffentlicht im AMS-Bulletin 79/18.

Gruß
Norbert
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Zuletzt geändert von Norbert am 16.06.2022 13:23, insgesamt 2-mal geändert.
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Georg Germany
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Re: Märklin Sortimentskasten: Teileplakat

#1633

Beitrag von Georg »

Hallo Norbert,
vielen Dank für die geschichtlichen Erläuterungen und vor allem vielen Dank für die digitale Restauration der Teileliste.
Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viele Stunden oder Nächte Du damit verbracht hast. Und als Dankeschön gibt's dann ein "Vergelt's Gott", d.h. nichts für das Diesseits als Sammler.
Aber langfristig macht man sich doch einen Namen, wenn man für unser Hobby Zeit und Arbeit aufbringt und das Ergebnis mit allen teilt. Man wird zum Beispiel freundlich begrüßt oder man bekommt auch mal geholfen, wenn man was braucht.

Jetzt zu Deinem Luxusproblem, beziehungsweise Dilemma, wie sollst Du den Kasten füllen. Der Kasten sieht gut aus, ist aber nicht in fabrikneuem Zustand. Da wäre eine Füllung mit genau dem, was Märklin lieferte, ein bisschen ein Stilbruch. Ich, der ich kein besonders verbissener Sammler bin, schlage daher vor, den Kasten zu so füllen, wie er nach einem oder zwei Jahren in Gebrauch bei "Spielwaren K* in Markdorf" im Laden stand. Nämlich irgendwie gefüllt, mit vielen Ladenhütern und wenig gängigen Teilen. Die Einteilung Ladenhüter/gängige Teile kannst Du natürlich nach Deinem Bestand festlegen. :)*

Die Kästen an sich wurden laut Deines Katalogbildes leer ausgeliefert. Der Händler konnte sich dazu verschiedene Teilesortimente bestellen. Oder eben nicht, wenn er wusste, was gut ging und was lange liegen blieb. Märklin hat mit den "Sortimenten" vermutlich schon früher, wie auch heute noch, versucht, den Händlern auch ungeliebte Teile unter zu jubeln zu verkaufen.

Ich vermute mal, dass der freundliche Märklinhändler in den Schubladen auch schwarze und farbige Teile gemischt hatte. Es wäre eine große Investition gewesen, zwei Sortimentskästen aufzustellen. Daher fällt das eigenmächtige Füllen nochmals leichter.
Grüße
Georg

Ich schraube, also bin ich.
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Norbert Germany
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Re: Märklin Sortimentskasten: Teileplakat

#1641

Beitrag von Norbert »

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Nun ist der Sortimentskasten restauriert:
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20220617-110131-D5#2847kar.jpg
Vorderseite
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20220617-110046-D5#2846kar.jpg
Rechte Seite. Die linke Seite zeigt dieselbe Aufschrift.
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20220617-110449-D5#2849kar.jpg
Rückseite = Kundenseite.
Die gedruckten Farben weichen von den Bildschirmfarben ab, sodaß Blau und Grün sich hier nur wenig unterscheiden.
Das Originalplakat befindet sich darunter.
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20220617-110505-D5#2850kar.jpg
Die Halbrundkopfschrauben entsprechen den Originalen. Sie sind schwarz brüniert, haben die Maße 2,4 x 16 (Ø x L in mm) und einen Kopf-Ø von 5 mm.
Die Glasscheibe ist eine Idee zu breit und zudem leicht schräg geschnitten, weshalb die untere Verschlußleiste trotz Originalmaßen an der Gehrung nicht exakt schließt. Außerdem hätte ich statt dunkler Nußbaum-Beize einen mittleren Ton wählen sollen.

Nun zeige ich noch die erworbenen Aufbewahrungsschachteln mit den darin enthaltenen Teilen. Beides zusammen gab den hinreichenden Anlaß zur Beschaffung des gezeigten Sortimentkastens.
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20220617-153323-D5#2867kar.jpg
Man sieht sofort, daß das Sortiment Vor- und Nachkriegsteile beinhaltet. Letztere werde ich entnehmen und in meinen Materialfundus einsortieren.

Viele, wenn nicht die meisten anderen Teile sind Spezialteile, die streng genommem nicht in diesen Kasten gehören. Ich lasse sie trotzdem darin und deklariere diese Sammlung als Händlerkasten der späten 1930er Jahre.

Damit das plausibel ist, müssen aber auf jeden Fall noch viele Standardteile hinzugefügt werde. Passende schwarze Teile zu finden ist kein Problem. Schier aussichtslos ist es jedoch, an neuwertige farbige Teile zu kommen. Die Zeit wird zeigen, was geht.

Es sind ja bereits einige farbige Platten Nr. 52 und 152 dabei. Diese wurden nach dem Lackieren jedoch zum Trocknen auf Packpapier gelegt, welches sich so fest mit der Lackschicht verbunden hat, daß es auch nach langem Wässern nicht mehr zu entfernen ist. Vermutlich ist dies das Ergebnis einer Lackierung duch einen Amateur.

Es folgen noch Bilder einiger Preisschildchen, die entweder mit einem Faden an den Teilen befestigt oder später auch darauf geklebt wurden.
Die Schildchen mit Faden wurden vermutlich nur an einem einem Exemplar des betreffenden Bauteils befestigt, welches damit sozusagen als Muster galt, das höchstens zu allerletzt verkauft werden durfte.
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No 45 Lagerbock.jpg
Bezeichnungsschildchen für den Lagerbock No. 45, die Rückseite ist leer.
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No 84 Ausrückgabel.jpg
Schildchen für die Ausrückgabel No. 84
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No 84 Ausrückgabel 2,10.jpg
Rückseite von No. 84. Der Preis von 2,10 kann eigentlich nur in italienischer Lira oder für 10 Stück gemeint sein; mir ist nicht klar, wann und wo er galt.
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No 120 Pleuelstangenkopf.jpg
Pleuelstangenkopf No. 120
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No 120 Pleuelstangenkopf p.Paar RM 0,18.jpg
Rückseite von No. 120. Der Preis galt von 1932 bis mindestens 1938 (1931: RM 0,20)
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No 124 Griff RM 0,09.jpg
No. 124 Griff mit Mutter. Der Preis galt im selben Zeitraum wie der von No. 120 (1931: RM 0,10)
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No 129 Winkellasche.jpg
No. 129 Winkellasche
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No 129 Winkellasche RM 0,07.jpg
Rückseite von No. 129. Auch hierfür war der Preis von 1932 – ≥38 konstant.
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No 54 FCW, ZH, SFr 1,20.jpg
Preisetikett auf einer Sektorplatte No. 54 (No. 11340) des bekannten Zürcher Spielwarenhauses Franz Carl Weber. Es ist anzunehmen, daß dieses Bauteil erst bei einem Nachbesitzer des Sortimentkastens dort hinein gelangte. D.h. der Kasten stand wohl nie in jenem Zürcher Geschäft.
1949 startete der Preis dieses Bauteils bei SFr 0,90. Wann der Preis von SFr 1,20 aktuell war, ist mir nicht bekannt.
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No 154 FCW, ZH, SFr 1,40.jpg
Die so ausgezeichnete flache Sektorplatte No. 154 (No. 11354) stammt vermutlich aus demselben Spielwarenhaus. Da die flache Sektorplatte immer billiger als die abgebogene war, muß sie aus einem späteren Jahr als die zuvor gezeigte Platte stammen, spätestens aber von 1972, denn danach war sie nicht mehr erhältlich.
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