Betrugserkennung auf Marktplätzen, wie geht Ihr vor?

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holzpuppe Germany
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Betrugserkennung auf Marktplätzen, wie geht Ihr vor?

#3144

Beitrag von holzpuppe »

Hallo,
mal ein Thema welches bei jedem Kauf online immer im Hinterkopf ist.
Bis jetzt waren meine Erfahrungen mit Onlinebetrug nahe Null, ich hatte also noch keinen Reinfall.
Und auch jetzt nicht, aber es war knapp. Sehr knapp.
Die Geschichte:
Vor ein paar Tagen kam auf Ebay-Kleinanzeigen ein unheimlich gutes Angebot auf. Eigentlich zu gut, um wahr zu sein. Käufer gab keinen Namen an, steht also auf Privat. Ich dachte mir, warum? Aber auch, na wer weiß, muss ja nichts heißen.
Ich hatte den Verkäufer kontaktiert. Da das Angebot zu gut um wahr zu sein ist, dachte ich eigentlich schon, dass ich keine Chance habe. Wenn da ein potenzieller Käufer nicht ohne meckern zugreift ...
Aber Es ist noch da und der Verkäufer hat sich bei mir zwei Tage später gemeldet und fragte, ob ich noch Interesse hätte.
Na selbstverständlich, ich hatte mir Gedanken gemacht, wie ich den Verkäufer nicht verschrecke und dann meine Fragen auf eine einzige heruntergebrochen: Was für Schrauben sind in diesen und jenen Dosen.
Die Antwort war merkwürdig knapp: „Die Schrauben in den Gläsern sind Messing.“
Das war der erste Punkt, bei dem ich einen innerlichen Widerstand empfand. Redete mir aber ein, na das kann ja passieren, Autokorrektur oder so.
Ich bin recht schnell auf den Punkt gekommen und er nannte mir auch meinen favorisierten Paketdienst.
Seine Antworten waren insgesamt kurz und prägnant und ohne jeglichen Zwischentext, der in einer normalen Konversation eigentlich auftritt.
Als es an das Bezahlen ging, wünschte er sich PayPal Freunde.
Das war der zweite Punkt, bei dem mein innerlicher Widerstand größer wurde.
Ich bat um eine Bankverbindung, da mir der Betrag dafür zu hoch erschien und ich PayPal, in so einem Fall, nicht als sicher empfinde. (Das soll nicht heißen, dass ich keine größeren Beträge mit PayPal zahlen würde. Nur nicht über die Freundefunktion.) Ich wollte mir eine innerliche Sicherheit schaffen. Wäre es keine deutsche Bankverbindung, wäre ich abgesprungen.
Er meinte das geht nicht, da seine ... die Hand darauf hätte. Im gleichen Atemzug bot er mir freiwillig an mir ein Foto seines Passes per Whatsapp zu schicken.
Das war der dritte Punkt und ich war mir fast schon sicher, dass ich verarscht werden soll.
Dazu von meiner Seite angemerkt:
1. Was soll ich mit seinem Pass? Das nützt mir nichts. Das kann gefälscht sein. Ich denke auch nicht, dass er wie in einer Onlineverifizierung sein Gesicht mit dem Pass in der Hand zugeschickt hätte. Und selbst wenn, ich will sein Gesicht nicht sehen und es kann auch nur geklaut sein. XD
2. Bei PayPal ist ebenfalls eine Bankverbindung hinterlegt, also wozu eine andere Person als Argument für „das geht nicht“ anführen? (Ja ich weiß, man muss sich ja nicht das Geld auf das Bankkonto auszahlen lassen, aber auf PayPal lassen schränkt sehr ein und würde im Zweifel von PayPal schnell eingezogen werden, wenn da übermäßige Aktivitäten über die Freundefunktion laufen. Und wenn was schiefläuft, fackelt PayPal nicht lange, und im schlimmsten Falle, würde mein PayPal-Konto und das der Firma eingefroren und vielleicht auch das meiner Frau. (Glaubt mir, PayPal wie auch eBay machen lieber einen Rundumschlag, als irgendetwas offen zu lassen! Ich habe eBay-Callcentererfahrungen. ;))
Ich schrieb ihm, dass ich Bedenkzeit brauche.
Ich musste erstmal nachdenken und überlegen, wie ich sicherstellen kann, dass es kein Betrug ist/wird.
Mein erster Gedanke war ihn zu testen, ob ich nicht erst einen kleineren Betrag schicke. Ein Betrag, der mir im schlimmsten Fall nicht weh tut, wenn es verloren geht, ich im Gegenzug aber dafür ein „Testpaket“ erhalte, also einen kleinen Teil des Konvoluts. Wenn das klappt, dann der Rest.
Die Chance das das klappt ist gering, da die meisten Verkäufer auf sowas wahrscheinlich nicht eingehen, denn die wollen alles in einem Rutsch verkaufen. (Hier muss ich sagen, das Angebot hat viele, sehr viele kleine Elemente und ein paar Kisten. Ein Problem wäre das also eher nicht gewesen.)
Dazu bin ich aber nicht gekommen, denn ich hatte noch den Einfall: Googlebildersuche. Warum? Die Bilder in der Kleinanzeige waren recht klein, meist sind die Bilder größer. Aber was bin ich Google dafür dankbar. Eine Funktion, die es schon etliche Jahre gibt und bei Bildern sehr, sehr gut funktioniert. Bilder haben im Gegensatz zu Wörtern den Vorteil fast einzigartig zu sein und Google findet in der Regel exakt die gleichen Bilder wieder, wenn diese irgendwann indexiert wurden, dabei spielt die veränderte Größe kaum eine Rolle.
Ich nahm das erste Bild des Angebots und schob es in die Googlebildersuche.
Es gab logischerweise Treffer. Alles schien auf ein echtes Angebot hinzudeuten. Aber auf Seite 2 der Suche, kamen mehrere Treffer zu einer anderen Plattform. Ich war maximal irritiert, enttäuscht und erleichtert.
Als ich in der Bildersuche auf „Alle Größen“ ging, habe ich die Originalauktion gefunden. Die an dem Tag beendet war, als auf eBay-Kleinanzeigen die Anzeige gestellt wurde.
In der echten Auktion lag der Preis um das 2,5-fache höher. Ein Preis, den ich definitiv nicht bereit gewesen wäre zu bezahlen.
Ich hatte also Glück im Pech, oder andersrum, oder beides?

Naja, Ende vom Lied: Ich habe die Anzeige gemeldet. Ich habe den Verkäufer noch kontaktiert und hoffe noch seine PayPaladresse zu erhalten, dass ich Ihn auch da noch melden kann. Ich melde das auch noch der anderen Plattform, da die Auktion gerade erst beendet wurde und ich den Verdacht hege, dass der Verkäufer auf der anderen Plattform vielleicht auch geprellt wird.
Das Gespräch in der Retrospektive war von der Verkäuferseite nüchtern und emotionslos, aber auch ohne Druck. Den Druck hatte ich mir selbst gemacht.
Ich bin also ohne Verlust aus der Sache rausgekommen.

Nachtrag: Kleinanzeigen hat die Anzeige gelöscht und auch alle anderen Anzeigen des Verkäufers.
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Re: Betrugserkennung auf Marktplätzen, wie geht Ihr vor?

#3147

Beitrag von Georg »

Hallo Holzpuppe,

kürzlich warnte in der Metallbaukasten-Mailingliste ein Freund aus Norddeutschland vor ähnlichen Verkaufspraktiken (wenig Auskunft, nur paypal-Freunde,...) bei Ebay-Kleinanzeigen.
Das Angebot eines Märklin Do-X-Kastens für deutlich unter 300€ war verlockend. Aber dem Freund war das Risiko doch zu groß. Da der Kasten angeblich in Mannheim war, bot ich mich an, das Ding persönlich für den Freund abzuholen. Ich fragte den Verkäufer höflich, ob ich verbeikommen kann und die Do-X abholen kann. Zwei Tage keine Antwort.
Danach kam von Ebay-Kleinanzeigen eine Mail, dass der Verkäufer gesperrt und das Angebot entfernt wurde.
Unser Verdacht, dass hier ein Betrug versucht wurde, bestätigte sich.

Wenn's zu verlockend ist, ist es Schwindel.
Grüße
Georg

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Re: Betrugserkennung auf Marktplätzen, wie geht Ihr vor?

#3151

Beitrag von dieselrauch »

Hallo holzpuppe und Georg,
ja, die Do-X war verlockend. Ich habe einen Freund, der das Ding für mich abgeholt und bar bezahlt hätte. Meinem Freund hätte ich das Geld mit paypal "für Freunde" geschickt. Das hat der Verkäufer abgelehnt. Da war die Sache dann schon ziemlich klar. Ein paar Tage später kam dann die mail von ebay-Kleinanzeigen:
Hallo,
am 12.04.2023 um 16:16 Uhr hattest du mit Peter Kontakt zur Anzeige „Märklin Metall Großbaukasten Do-X 1079 Flugboot.“ (Anzeigennummer 2412676012).
Wir haben den Zugang von Peter eingeschränkt.
Wann schränken wir ein Nutzerkonto ein? Mögliche Gründe sind unter anderem:

Verstöße gegen unsere Nutzungsbedingungen , unsere Grundsätze oder geltendes Recht.
Ware wurde nicht geliefert oder nicht bezahlt.
Das Nutzerkonto wurde mutmaßlich durch einen unberechtigten Dritten übernommen.

Wäge bitte sorgfältig ab, ob du mit Peter weiterhin in Kontakt bleiben möchtest.

Zu deinem Schutz empfehlen wir dir:
Wenn du noch keine Zahlung beziehungsweise keine Ware erhalten hast, schließ die Transaktion NICHT ab. Sende keine Ware bzw. veranlasse keine Zahlung an Peter .
Solltest du bereits Zahlungen geleistet oder Ware verschickt haben, so kannst du dich hier über die weitere Vorgehensweise informieren und uns den Fall melden.
Zur Konversation

Weitere Informationen findest du in unseren Sicherheitshinweisen .

Dein Team von eBay Kleinanzeigen
Ich habe schmerzlich lernen müßen, bei ebay-Kleinanzeigen und paypal "für Freunde" vorsichtiger zu sein. Das Ergebnis ist, daß ich einigen Betrug schon gut erkenne.
Man kann immer erstmal anbieten, die Ware abholen zu kommen. Wenn das unmöglich ist, abgelehnt wird, ist meistens etwas faul.

Viele Grüße
Ingo

P.S. Den Tip mit der Bildersuche finde ich gut. Habe ich noch nicht gemacht.
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holzpuppe Germany
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Re: Betrugserkennung auf Marktplätzen, wie geht Ihr vor?

#3152

Beitrag von holzpuppe »

dieselrauch hat geschrieben: 19.04.2023 20:27 P.S. Den Tip mit der Bildersuche finde ich gut. Habe ich noch nicht gemacht.
Eigentlich ist es die einfachste Verifizierung. Und ich vergesse es ständig.
Wenn man Google aufruft, geht man direkt auf Bilder.
Dort kann man das Bild, welches man vorher gezogen hat, per Drag and Drop in das Suchfeld ablegen.
Danach analysiert Google Lens das Bild und zeigt auf der rechten Seite ähnliche Bilder, dass interessiert aber nicht.
Man muss auf „Bildquelle suchen“ klicken und im nächsten Fenster auf „alle Größen“. Das ist der schnellste Weg.
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