Raumsparendes Differenzial an Lokomobile

Autos, Flugzeuge, Schiffe, Land- und Baumaschinen
Antworten
Benutzeravatar
vaute Germany
Experte
Beiträge: 131
Registriert: 02.02.2021 14:20
Wohnort: 73760 Ostfildern
Baukasten-Kenntnis: Märklin, Meccano, Metallus, Stokys, Bral, Amilac, Temsi

Raumsparendes Differenzial an Lokomobile

#387

Beitrag von vaute »

Gleich zu Anfang des Jahres gab es in der Mailingliste des Freundeskreises Metallbaukasten [metallbaukasten-652245N@kbx7.de] eine lebhafte Diskussion über den Antrieb eines Lokomobil-Modells, speziell, ob es überhaupt nötig oder ratsam wäre, ein Differenzial einzubauen. Und wenn ja, welche möglichst kompakte Bauweise sich dabei empfehlen würde. Man lernt bei solchen Diskussionen ungemein viel, auch über…
Grundsätzliches:
Norbert Klimmek sei hierzu zitiert: „…mit einem Differenzial tragen beide Räder zur Traktion bei. Das ist der eigentliche Grund, ein Differenzial zu verwenden, denn unterschiedliche Drehzahlen gibt es auch bei einem festen und einem losen Rad. […] meistens hatten solche fahrbaren Lokomobilen kein Differenzial, sondern nur ein durch Bolzen auf der Achse feststellbares Rad, natürlich das auf der nicht angetrieben Seite:
.
Bild 1.jpg
Bild 1 [von Georg Eiermann]
.
• auf Straßen mit festem Untergrund musste der Bolzen gezogen werden, weil sonst keine Kurvenfahrt möglich gewesen wäre. Wer einmal versucht hat, einen Traktor mit eingeschalteter Differenzialsperre (= gestecktem Bolzen) durch eine Straßenkurve zu fahren, wird wissen, was ich meine. Da bleibt, wenn es gelingt, weil auf der Vorderachse genügend Last ist, viel Gummiabrieb auf der Straße liegen. Ansonsten geht es einfach geradeaus.
• im Gelände, auf nachgiebigem Untergrund wurde der Bolzen eingesteckt, um die Traktion zu erhöhen. Bei Kurvenfahrten gleicht dann der Schlupf die nicht angepassten Drehzahlen aus, aber beide Räder tragen zum Vortrieb bei.
[…] Vorstellung von einer Differenzialachse ist wahrscheinlich vom Auto geprägt: hier wird das Differentialgehäuse vom Motor angetrieben und die Kraft vom Differenzial im Inneren des Gehäuses auf die beiden Räder übertragen.
Bei der Lokomobile überträgt das angetriebenen Rad via Differenzial einen Teil der Antriebsleistung gemäß den aktuellen geometrischen Bedingungen und der Haftreibung an den Rädern auf das zweite Rad.
Auch hier gilt, wenn eines der Räder keine Traktion hat, z.B. mangels Bodenberührung, dann bleibt die Maschine stehen. Also muss auch eine Lokomobile mit Differenzial eine Differenzial-sperre haben, damit in solchen Fällen wenigstens ein Rad zieht.“
Und ein weiterer Schrauberfreund ergänzte: „…., dass das Lokomobil bei schlechtem Untergrund stehen bleiben kann, da nur das große Rad […] angetrieben ist und ggf. durchdreht. Als Abhilfe hatte ich Gummi Rundschnur in die Rille mit Sekundenkleber befestigt.“
.
Differential für Dampftraktor k.jpg
Bild 2
.
Auch Bild 2 steuerte Georg Eiermann bei: deutlich ist auf der Antriebsseite ein Differenzial zu erkennen, dessen modellmäßige Umsetzung – durchgängig gebaut mit Meccanoteilen – im folgenden Bild dargestellt ist.
.
Bild 3.jpg
Bild 3
.
Dies nahm ich zur Vorlage, um meine Märklin Lokomobile, die ein solches raumsparendes Differenzial nicht hatte, im Rad auf der Antriebsseite nachzurüsten.
.
Bild 4.jpg
Bild 4: Märklin Lokomobile [Handbuch "Motoren" des Jahres 1936]
.
Anders als in der Originalbauanleitung [Kombination von Zahnrädern und Kette] geht mein Antrieb nur über Zahnräder. Um ein möglichst großes Drehmoment mittels einer hohen Untersetzung zu erzielen, brauchte es also ein möglichst grosses zum Märklin Modul passendes Zahnrad. Das war mit dem Stokys #Z011 = 136z gegeben. Die Stellringnabe dieses Teils #Z011 habe ich dann ausgebohrt und das Zahnrad auf den Stellring des Märklin Universalrades #10914 gepresst [vorsichtshalber ist der Sitz noch mit Sekundenkleber gesichert].
.
Bild 5.JPG
Bild 5: Ansicht bei abgenommenem Antriebsrad
.
Dieses Märklin Universalrad #10914 trieb also – im Eingriff mit Märklin Zahnkranz #10957, aufgesteckt auf eine Märklin Runde Platte #10395 Ø 9,5 cm – das Antriebsrad, mit welchem die Runde Platte bisher fest verschraubt war.

Ein Vergleich mit der Vorlage [Bild 3] verdeutlicht – wegen des Fehlens eines Zahnringes im Märklin Teileprogramm –, dass der Differenzialkäfig anders gebaut werden musste. Unter Beibehaltung der bisherigen Abmessungen (!) und Antriebslösung Universalrad –Zahnkranz auf Runder Platte war das Mittel der Wahl das Märklin Teil Runde Platte 9,5 cm Ø „mit in der Mitte nix“:
.
Bild 6.jpg
Bild 6: Märklin Teil # 66b
.
Dieses Teil – eigentlich 2 Teile – gab es mal zusammen mit dem Ausschnitt [nämlich einer Lochscheibe ohne Stellring] als Sonderteil(e) 66 b – später zu sehen in meinen Bildern.
Und auch ersichtlich aus der Vorlage [Bild 3]: der Differenzialkäfig läuft frei!
.
Bild 7.JPG
Bild 7: andere Umsetzung der Vorlage [Bild 3]
.
Die hier gezeigten Miniritzel sind handwerklich nachgearbeitete Meccano #213d [zu finden unter www.meccanospares.com/plastic-gears/page/2/]. Deren Triflat-Durchgang ist auf 4,0 mm aufgebohrt und die beidseitigen „Hälse“ abgeschnitten.
.
Bild 8.JPG
Bild 8: zum Antriebsrad zeigende Seite des Differenzialkäfigs
.
Wegen der Platzökonomie halten (M4-) Schrauben mit Innensechskant-Flachkopf die Arme mit den Miniritzeln: damit ragt der Differentialkäfig weniger aus dem Rad [= Märklin #11015] hervor.
.
Bild 9.JPG
Bild 9: Aus der Kiste „Aufheben – könnte mal gebraucht werden“ stammen diese Buchsen [Bilder 9 und 10].
.
Bild 10.JPG
Bild 10: Dem Meccanoteil #28p [zu finden unter www.meccanospares.com/plastic-gears/page/2/] wurde der Triflat-Durchgang auf 4,0 mm aufgebohrt.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Zuletzt geändert von vaute am 13.02.2021 15:21, insgesamt 6-mal geändert.
Benutzeravatar
vaute Germany
Experte
Beiträge: 131
Registriert: 02.02.2021 14:20
Wohnort: 73760 Ostfildern
Baukasten-Kenntnis: Märklin, Meccano, Metallus, Stokys, Bral, Amilac, Temsi

#388

Beitrag von vaute »

Bild 11.JPG
Bild 11: in der Weise wie in Bild 10 gezeigt greift der Buchsenbund ideal in die Schnurlaufrille der Runden Platte #66b ein und zentriert diese, gleichzeitig aber auch den Freilauf gewährend.
.
Bild 12.JPG
Bild 12: Antriebsrad-Innenseite – mit Märklin Zahnkranz #10957 versehener Differenzialkäfig
.
Bild 13.JPG
Bild 13: Antriebsrad-Außenseite – Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Differenzial gibt es hier keine Halbachsen: damit die Räder nicht abfallen, sind sie jeweils mit dem nach außen zeigenden Märklin Lochscheibenrad #11036 auf der durchgehenden Märklin Welle #10230 befestigt. Der „Halbachseffekt“ wurde dadurch erzeugt, dass die Stellringnabe [auf der Drehbank entsprechend bearbeitet] an diesem Rad beweglich läuft.
.
Bild 14.JPG
Bild 14: Ansicht der Komplettmontage
.
Bild 15.JPG
Bild 15: Das Meccanoteil Contrate Gear 50 #28p [zu finden unter www.meccanospares.com/plastic-gears/page/2/] sitzt fest montiert auf der unter Bild 13 beschriebenen Welle.
.
Bild 16.JPG
Bild 16: Auf den in Bild 15 zu sehenden Wellenteil ist das Komplettrad mit Differenzial aufgeschoben und befestigt: Das Märklin Universalrad # 10914 ist nun [wieder] im Eingriff mit dem Märklin Zahnkranz #10957, der auf dem Flanschrand der Märklin Runde Platte #66b aufgeschoben sitzt.
.
Bild 17.JPG
Bild 17: Das Ziel der Nachrüstung war eine möglichst raumsparende Differenzialkonstruktion im Antriebsrad der Märklin Lokomobile unterzubringen.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Zuletzt geändert von vaute am 12.02.2021 12:02, insgesamt 4-mal geändert.
Benutzeravatar
Georg Germany
Profi
Beiträge: 966
Registriert: 31.01.2021 21:29
Wohnort: Großraum Stuttgart
Baukasten-Kenntnis: Märklin, Meccano, Herausgeber des Magazins "Schrauber und Sammler"
Kontaktdaten:

Re: Raumsparendes Differenzial an Lokomobile

#389

Beitrag von Georg »

Eine kleine Anmerkung zu den Bildern:
Das erste Bild mit dem roten Rad einer Lokomobile entstand im Landwirtschaftsmuseum (Stuttgart-) Hohenheim:
https://www.dlm-hohenheim.de/dampfpfluege/

Die Qualität des zweiten Bild ist nicht so gut. Es entstand auf die Schnelle mit dem Smartphone. Es ist aus dem Buch "Traction Engine - Design and Construction 1900 - 1930" von G.F.A.Gilbert aus dem Camden-Verlag.
Grüße
Georg

Ich schraube, also bin ich.
Benutzeravatar
Norbert Germany
Profi
Beiträge: 506
Registriert: 01.02.2021 14:12
Wohnort: Nähe Bodensee
Baukasten-Kenntnis: 1/2" Systeme, FAC, Eigenbaukomponenten
Kontaktdaten:

Re: Raumsparendes Differenzial an Lokomobile

#390

Beitrag von Norbert »

Hallo Wilfried,

eine zweckmäßige Lösung für ein schmal gebautes Differential.

Trotzdem zwei Anmerkungen dazu:
  • Plastik hat eigentlich an einer Lokomobile nichts zu suchen, aber wenn es schon sein muß, dann bitte nicht in oranger Färbung.
    So ist es eine echte Augenpeitsche.
  • Wo ist die Differentialsperre? Sie muß ja, wie beim Original, nicht vom Fahrstand aus zu bedienen sein.
Für letzteres schlage ich einen Bolzen (Welle mit Stellring als Griff) vor, der durch das Rad und beide Kronräder gesteckt wird. Damit der Bolzen nicht verloren geht, kann man ihn mit einer Kette gesichert außen an der Radfelge anbringen und bei Nichtgebrauch mit einem Wellenhalter o.ä. festklemmen.

Gruß
Norbert
Benutzeravatar
vaute Germany
Experte
Beiträge: 131
Registriert: 02.02.2021 14:20
Wohnort: 73760 Ostfildern
Baukasten-Kenntnis: Märklin, Meccano, Metallus, Stokys, Bral, Amilac, Temsi

Re: Raumsparendes Differenzial an Lokomobile

#391

Beitrag von vaute »

Gute Einwände, Norbert, wie immer.
Zur Differenzialsperre: genau diese Lösung existiert; der Artikel ist aber schon recht lang, und ich wollte eigentlich mehr die Konstruktion "beleuchten", vor allem dabei die "Schlankheit" des Differentials hervorheben....
womit ich gleich bei den orangenen Miniritzeln bzw. dem Kronrad bin: erstens sieht man sie nicht von außen, zweitens hatte ich sie und keine schwarzen. Wegen dieser erarbeiteten Lösung renne ich nicht gleich zu Fa. Mädler bei mir nebenan in Stuttgart, um sie evtl. auch in Messing zu kriegen.
Kunststoff allgemein: Die Lokomobile wiegt gefüllt mit Wasser ca. 6 kg. Auch die Kunststoffräder schaffen dieses Gewicht noch.
Benutzeravatar
Norbert Germany
Profi
Beiträge: 506
Registriert: 01.02.2021 14:12
Wohnort: Nähe Bodensee
Baukasten-Kenntnis: 1/2" Systeme, FAC, Eigenbaukomponenten
Kontaktdaten:

Re: Raumsparendes Differenzial an Lokomobile

#392

Beitrag von Norbert »

... zweitens hatte ich sie und keine schwarzen.
Ich dachte eher an einen schwarzen Permanentmarker.
Es gibt auch nicht viel Abrieb, denn die tragenden Stellen sind schmal.
Benutzeravatar
vaute Germany
Experte
Beiträge: 131
Registriert: 02.02.2021 14:20
Wohnort: 73760 Ostfildern
Baukasten-Kenntnis: Märklin, Meccano, Metallus, Stokys, Bral, Amilac, Temsi

Re: Raumsparendes Differenzial an Lokomobile

#409

Beitrag von vaute »

...ich kann das Antriebsrad ja noch einmal abnehmen [schließlich weiß ich ja, wie es geht] und die Einfärbung in schwarz mit einem Marker vornehmen: Qui bono?
Antworten