Ablängen von Lochbändern

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Norbert Germany
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Ablängen von Lochbändern

#2071

Beitrag von Norbert »

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Hallo Schrauber,

dieser Beitrag ist nicht für Puristen gedacht, also solche Schrauber, die ihre Modelle nur mit ehemals oder derzeit käuflichen Teilen konstruieren.
Das habe ich in meiner Jugend auch so getan, weil die Teile mir zu kostbar erschienen, sie irreversibel zu verändern.

Heute ist anders als damals an Material kein Mangel, so daß dem Wunsch, den Gestaltungsspielraum des Metallbaukastens voll auszuschöpfen, ohne Reue stattgegeben werden kann.

Zum Schreiben dieses Artikels hat mich meine soeben beendete Tätigkeit animiert, bei der ich aus einigen 25er Lochbändern solche von 14 und 19 Loch Länge hergestellt habe. Die Reste von 11 und 6 Loch Länge liegen vorerst unbearbeitet in einer Schublade und harren ihrer weiteren, oder wie man heute so schön sagt, Anschluß-Verwendung.

Bereits vor gut 15 Jahren habe ich mir das Prinzip eines Werkzeugs ausgedacht, mit dem man ein Lochband so kürzen kann, daß durch den Schnitt zugleich die erforderliche Rundung entsteht. Mir war klar, daß dies nur mit einem Stanzwerkzeug geschehen kann, weshalb ich mir alsbald eine gebrauchte Steinel-Kniehebelpresse für EUR 130 bei eBay besorgt habe.

Zu dieser Zeit habe ich Lochbänder mit einer Hebelschere für Bleche abgelängt, sodann die Ecken mit dieser Schere schräg abgeschnitten und danach die Rundung mit einer stationären Bandschleifmaschine aus meiner Holzwerkstatt hergestellt. Dazu habe ich ein Brettchen, aus dem ein 4 mm Wellenstummel ragt, so auf den Schleiftisch gespannt daß dieser Stummel einen Abstand von 4,2 – 4,5 mm zum Schleifband hat. Das abgeschnittene Band wird nun mit dem Endloch auf diesen gesteckt und in einer Schwenkbewegung um diesen Drehpunkt vom laufenden Schleifband abgerundet. Anschließend werden die beidseitigen Schnittkanten entgratet, indem man sie von Hand mit einer Schwenkbewegung an das laufende Band hält.

Vor etwa 10 Jahren habe ich dann durch Vermittlung eines mir bekannten Konstrukteurs den Inhaber einer Werkzeugfirma kennengelernt, der bereit war, mir dieses Werkzeug zum Selbstkostenpreis in seiner Firma anfertigen zu lassen. Mit einem mittleren dreistelligen Betrag war das nicht billig, aber ich habe es bis heute, nach vielen hundert Ablängungen nicht bereut. Hier die Zeichnung des Konstrukteurs, nach der dieses Werkzeug gebaut wurde:
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Ablängstanze r.jpg
Zeichnung des Stanzwerkzeugs zum Ablängen von Lochbändern. Die roten Zahlen sind von mir eingefügte Korrekturwerte.
Stanzwerkzeug #2949.jpg
Stanzwerkzeug mit eingefahrenem Stempel.
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Stanzwerkzeug #2950.jpg
Stanzwerkzeug mit herausgezogenem Stempel.
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Ablängstanze #2954.jpg
Kniehebelpresse mit montiertem Stanzwerkzeug.

Die Benutzung des Werkzeugs hat gezeigt, daß die Haltevorichtungen Nr. 7 & 12 für das Lochband nicht erforderlich sind. Es genügt, das Band so aufzulegen, daß es liegen bleibt (z.B. durch Unterlegen des langen Endes, und dann die Stanze zu betätigen.

Auch die geriffelten 4 mm Einsteck-Stifte sind nicht notwendig, dafür genügt ein kurzes Stück einer 4 mm Welle, so daß man diese Einsteckstifte nicht bei jedem Vorgang ziehen und einstecken muß. .

Den verstellbaren Schlitten zur Einstellung des Abstand der Schneidkante vom letzen Loch habe ich mit zusätzlichen Bohrungen versehen, denn manchmal benötigte ich einen größeren Abstand, um z.B. ein Langloch herzustellen, und manchmal aus Platzgründen auch einen kleineren Abstand. Damit sieht das Werkzeug nun so aus (die Bohrungen sind nicht äquidistant):
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20150927-175043-D5#9793r.jpg
Stanzwerkzeug, so wie es derzeit benutzt wird.

Der Vorgang des Stanzens erfordert je nach Materialhärte und Dicke unterschiedliche Kräfte. Von sehr weich (Metallus), weich (Märklin, 1917-19), mittel (Märklin, Vorkrieg) bis hart (Märklin, Nachkrieg) und Materialstärken von 0,5 mm (schwarze Kleinteile) bis 1,3 mm (Lochbänder > 11 Loch) ist es eine weite Spanne. Für die harten und dickeren Teile mußte ich die Hebellänge der Presse von 300 auf 500 mm verlängern. Inzwischen biegt sich das duch Spannstifte gehaltene Verlängerungsrohr allmählich durch, so daß ich es wohl bald einmal um 180° verdreht einsetzen muß.

Die geschnittene Kante ist durch den kleinen Luftspalt von 0,02 mm perfekt, sie muß nicht entgratet werden. Da ich überwiegend schwarzes Material verbaue, erledige ich das Schwärzen der blanken Schnittkante meist durch einen Permanent-Marker, gelegentlich aber auch durch Eintauchen der Stäbe in ein Kalt-Brünierbad. Bei farbigen Teilen ist die Herstellung einer perfekten Schnittkante natürlich aufwendiger.

Nachteilig ist der sehr kleine Raum, in den sich abgestanzte Ränder und Ecken sammeln. Diese muß man mit einem Holzstäbchen (Schaschlikspieß) herausfummeln, damit man die Schneidkanten nicht verletzt, wenn man nicht jedes Mal die (schwere) Maschine auf den Kopf stellen will. Abhilfe könnte eine Bohrung durch den Sockel der Presse schaffen, aber dann müßte sie stationär betrieben werden.

Abgestanzte Bandlängen können natürlich durch eine zweiten Schneidvorgang in ein kürzeres Band verwandelt werden. Das dann übrig bleibende Reststück mit vier spitzen Enden (Verletzungsgefahr!) muß ebenso wie die durch durch verkürzte Enden entstehende Halbmonde sorgfältig gesammelt und entsorgt werden. Sie wären bei Verlust in Garage oder Hof ein perfekter Reifenkiller:
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20221110-#iP3746.jpg

Stanzreste.

Zusammenfassend kann ich nochmals bestätigen, daß diese Anschaffung ihr Geld wert war. Nach meinen bisherigen Erfahrungen damit, gehe ich davon aus, daß mich dieses Gerät mit großer Wahrscheinlichkeit in funktionsfähigem Zustand überleben wird.

Schlußbemerkung: Die Verwendung der Zeichnung für private Zwecke ist jedermann gestattet. In diesem Fall würde ich mich über eine diesbezügliche Benachrichtigung freuen. Bei kommerzieller Verwendung meiner Idee (von der ich wegen des überschaubaren Interessentenkreises nicht ausgehe) halte ich es für ein Gebot der Fairnis, wenn mich ein etwaiger Nachahmer an seinem wirtschaftlichen Erfolg mit einer Anerkennungsprämie teilhaben ließe.

Gruß
Norbert
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märklin_fan Germany
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Re: Ablängen von Lochbändern

#2081

Beitrag von märklin_fan »

Lieber Norbert,
da zeigst du uns ein tolles Werkzeug.
Deine frühere Methode zur Ablängung ist aber auch nicht schlecht.
Viele Grüße von
Erwin W.
wdh Germany
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Bevorzugte Vorbilder: Bagger, Kräne, Brücken, Lokomotiven
Restaurieren und Vervollständigen alter Baukästen
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Inzwischen Rentner nach langer Berufstätigkeit als Ingenieur der Elektrotechnik

Re: Ablängen von Lochbändern

#2083

Beitrag von wdh »

Hallo Norbert,
herzlichen Dank für die vollständige Veröffentlichung Deines nützlichen und professionellen 8-) Werkzeugs!
Der Aufwand für einen Nachbau wird sich wohl nur lohnen für Schrauber, die hunderte abgelängter Flachbänder herstellen wollen. Für alle anderen wird die anfangs beschrieben Methode vermutlich ausreichen (mache ich auch so).
Zum Ablängen von Winkelträgern benutze ich eine leichte 125er Flex mit 1 mm-Trennscheibe. Anschließend wird die Schnittkante an der Schleifscheibe begradigt und danach werden die Ecken gebrochen. Ein kleines bisschen scheue ich aus nostalgischen Gründen allerdings immer noch davor zurück :(
Gerade hatte ich deswegen ein Kontingent von Teilen mit Sonderlängen von metallus in Ebay ersteigert :-)
Man könnte auch über ein Stanzwerkzeug für Langlöcher nachdenken, denn es gibt ja nur 5er und 7er. Zum Bau von verstrebten Trägern, Brücken, Kränen usw. vermisse ich z.B. 6er, 9er, 11er und 17er mit Langlöchern ;) . Die würden so manche (Kreuz)verstrebung erleichtern (Foto).
Walther hat zum Glück Winkel mit besonders langen Löcher!

Beste Grüße von
Wulf-Dieter
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