Kaltbrünieren - ein Beispiel

Lehrmodelle, Mechanismen, Getriebe, Basteltips
Antworten
Benutzeravatar
Norbert Germany
Profi
Beiträge: 491
Registriert: 01.02.2021 14:12
Wohnort: Nähe Bodensee
Baukasten-Kenntnis: 1/2" Systeme, FAC, Eigenbaukomponenten
Kontaktdaten:

Kaltbrünieren - ein Beispiel

#2924

Beitrag von Norbert »

.
Hallo Schrauber und Sammler,

in Ergänzung zu meinem Artikel in dem Strang, der sich mit der Erhaltung und Reinigung von MBK-Teilen befaßt: viewtopic.php?p=2919#p2919 möchte ich die Wirksamkeit eines Kaltbrünierverfahrens anhand eines sehr speziellen Metallbaukasten Bauteils demonstrieren.

Zum Thema Großer Ring No. 68 von Märklin habe ich vor einem guten Jahr von drei selbst hergestellten Ringen berichtet, die ich erworben hatte: viewtopic.php?p=1317#p1317

Diese Ringe habe ich kürzlich wie folgt behandelt:
  • Zunächst habe ich sie mit Hilfe des Entlackers von FABA-Chemie von anhaftenden Resten eines schwarzen Lacks befreit. Das passierte in einer passenden, rechteckigen Kunststoff-Wanne, die ich nach jeweils sorgfältigem Abspülen auch für die nachfolgenden Prozeduren verwendet habe.
  • Nach gründlichem Abspülen und anschließender Trocknung habe ich festgestellt, daß das Blech an mehr als ca. 70% der Oberfläche noch vom Walzvorgang verzundert war. Diese Schicht - auch Hammerschlag genannt - läßt sich nicht brünieren.
  • Da der Zunder sehr hart ist, läßt er sich mit mechanischen Mitteln (Bürsten, Schleifen o.ä.) kaum oder nur sehr mühsam entfernen.
  • Deshalb wandte ich die Methode unserer Vorfahren an und 'badete' die Ringe in 30%iger Salzsäure, natürlich unter freiem Himmel, mit Atemschutz und Gummihandschuhen geschützt.
  • Bei einer Außentemperatur von 10°C dauerte es eine gute Dreiviertelstunde, bis die letzten Zunder-Inseln verschwunden waren. Danach entnahm ich die Ringe dem Bad, legte sie in einen Eimer mit klarem Wasser und goß die Salzsäure (übrigens auch von FABA) zurück in den Kanister.
  • Nach Abspülen und Trocknen der Ringe legte ich sie zur Absenkung de PH-Wertes kurz in eine Konditionierlösung (NU-Blak 551).
  • Nach Zwischenspülen mit klarem Wasser erfolgte dann der Brüniervorgang in der 1:3 mit Wasser verdünnten Brünierlösung NU-BLAK 18. Da ich vergessen hatte, daß die Umgebungstemperatur mindestens 16°C betragen sollte, es in meiner Werkstatt aber deutlich kälter war, dauerte der Prozess etwa 20 Minuten, bis die gewünschet Schwärzung erreicht war.
  • Nach erneutem Abspülen habe ich die Ringe dann in den auf 80°C aufgeheizten Backofen gelegt, um die Feuchtigkeit aus den Poren zu entfernen, nach einer Viertelstunde entnommen und nach Abkühlung auf Zimmertemperatur mit Ballistol eingerieben.
Das Ergebnis ist hier zu sehen:
.
20230315-#3657&58ka.jpg
Ober- und Unterseite der kaltbrünierten Großen Ringe aus privater Fertigung.
.
20230315-#3659kav.jpg
Nahaufnahme eines Großen Ringes.

Damit man die Oberflächenstruktur sehen kann, sind die Bilder aufgehellt. Die Schwärzung ist durchweg gut, wenn auch nicht so tiefschwarz, wie nach einem Heißbrünierverfahren.

Abschließend möchte ich noch bemerken, daß Brünieren keinen dauerhaften Korrosionsschutz bewirkt und die so behandelten Teile in feuchter oder gar salzhaltiger Umgebung nach einer Weile zu rosten beginnen. In normaler Wohnumgebung ist dies jedoch nicht der Fall und die damit gebauten Modelle behalten über Jahre ihre schwarze Oberfläche, allenfalls getrübt von allgegenwärtigem Staub.

Gruß
Norbert
.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Antworten