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Hallo Wolfgang, hallo Schrauber,
hier möchte ich die im Verlauf ihrer Historie vorkommenden verschiedenen Ausführungen der Kupplungsmuffe nachzeichnen.
Dazu benutze ich die Abkürzungen:
B = Bohrung mit 4,1 mm Ø
G = Gewindebohrung mit Gewinde BSW 5/32" (BSW =British Standard Withworth = Märklin MBK-Gewinde)
— = keine Bohrung
Eine Kupplungsmuffe (nachstehend einfach Kupplung genannt) ist ein Stück Rundmessing von 3/8" (≈ 9,5 mm) Durchmesser mit 13/16" (≈ 21 mm) Länge und einer Längsbohrung von 0,162" (≈ 4,1 mm) Durchmesser. Dieses 'Rohrstück' hat in drei Ebenen im Abstand von je 1/4" (= 0,635 mm) voneinander eine bis vier Bohrungen B oder G, welche in Längsrichtung ausgerichtet und quer dazu in einem 90° Raster angeordnet sind.
1913 beantragte Frank Hornby ein Patent für eine Kupplungsmuffe mit zwei durchgehenden und drei Gewindebohrungen mit dem Bohrschema:
GB–B | B–BG | G–––
Zur Visualisierung folgende Zeichnung aus Hornbys Patentschrift:
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1913 Hornbys Kupplung.png
1917 erwarb Märklin die bei Kriegsbeginn 1914 beschlagnahmte Meccano Niederlassung in Berlin mit sämtlichen englischen Patentrechten von der Reichsregierung und führte zunächst das komplette Meccano Programm unter diesem Namen unverändert fort. In dem ersten von Märklin 1917 herausgegebenen Anleitungsheft No. 56 wurde die Kupplung No. 63 genau wie in dem von Meccano 1913 veröffentlichen Neuheitenheft dargestellt:
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1917 Märklin Kupplung #63.png
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Im Juni 1919 wurde im Versailler Friedensvertrag deutschen Firmen verboten ausländische Markenbezeichnungen zu verwenden (Champagner-Paragraph). Das war die eigentliche Geburtsstunde des Märklin Metallbaukastens.
Diese Form der Kupplung wurde zwar bis 1922 von Märklin verkauft, obwohl folgende Version aus patentrechtlichen Gründen bereits 1921 eingeführt worden war:
G-–B | B–-G | G–––
In der Praxis hieß das, die durchgehenden Bohrungen wurden ab jetzt nur noch durch eine Seite geführt. Betrachtet man diese Märklin Kupplung näher, so sieht man, daß der Bohrer bis zur Gegenseite geführt wurde und diese innen angebohrt hat. Es war also für einen versierten Praktiker ein Leichtes, die frühere Durchbohrung selbst herzustellen, ohne daß ein seitliches Auswandern des Bohrers zu befüchten war.
Ein Bild dazu gibt es nicht, da die ungebohrten Rückseiten nie gezeigt worden sind.
1925 führte Meccano die bis heute gebräuchliche Form mit durchgehenden Bohrungen und durchgehenden Gewindebohrungen in drei Ebenen ein:
GBGB | BGBG | GBGB
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#63 Coupling (Meccano).jpg
Quelle:
https://www.meccanoindex.co.uk/Drawings ... Co=U&Pno=0
Es ist dies die am vielseitigsten verwendbare Form, denn damit sind sowohl Längsverbindungen von Lochbändern oder Winkelträgern, als auch eine Zwei-Schrauben-Befestigung auf denselben möglich, um z.B ein tragfähiges Wellenlager in den mittleren Bohrungen zu gewinnen.
Wohl dadurch animiert, führte auch Märklin 1931 eine Kupplung mit 12 Bohrungen ein, die dieses Bohrschema hat:
GGBB | GGBB | BBGG
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1931 Märklin Kupplung #63.png
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Das ist meiner Meinung nach die unsinnigste Form, die man sich ausdenken kann, denn diese Kupplung hat nicht eine einzige durchgehende Bohrung bzw. Gewindebohrung. Damit wird sie wirklich nur auf eine Kupplung reduziert, abgesehen von Fällen, in denen man zufällig eine Gewindebohrung zur Befestigung nutzen kann.
Das mag zu dieser Zeit aus patentrechtlicher Sicht noch nachvollziehbar sein, was ich aber nicht verstehe ist, daß Märklin 1945, als der Patentschutz nicht mehr bestand, diese Ausführung unverändert fortgeführt hat. Das zeigt m.E. das geringe Interesse der Firmenleitung oder der dafür Verantwortlichen am Metallbaukasten, was nahezu zwangsläufig zu seiner Einstellung im Jahre 1999 geführt hat.
Vielleicht aber war diese Entwicklung früher oder später ohnehin unausweichlich, wie das Beispiel Meccano ebenfalls zeigt.
Gestern ist mein ältester Enkelsohn acht Jahre alt geworden. Er bekam u.a. einen Lego-Triebwagenzug geschenkt, den er nach der beiliegenden Schritt-für-Schritt-Anleitung aus mehreren Dutzend verschiedenen, z.T. winzigen Einzelteilen, in weniger als 30 Minuten zusammengebaut hat.
Das war schön für ihn, aber ich frage mich, wo bleibt der Gewinn für eigene Kreativitä, manuelle Geschicklichkeit und Ausdauer?
Gruß
Norbert
P.S.: Wer sich für die Geschichte des Märklin Baukastens interessiert wird hier fündig:
https://www.nzmeccano.com/image-162268