Planetengetriebe in Modellbau-Servo
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Hans-Gerd
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Planetengetriebe in Modellbau-Servo
Hallo in die Runde,
in der aktuellen "Schrauber und Sammler" Nr. 31 hat u. a. Fabian seinen Oldsmobile Curved Dash vorgestellt und ist dabei auch auf das Planetengetriebe eingegangen bzw. hat Links dazu angegeben.
Dieses Thema möchte ich hier nochmal in einem anderen Beispiel aufgreifen.
Auf der Suche nach einem passenden Motor habe ich kürzlich in meinem Fundus ein altes Servo mit einer ungewöhnlichen Bauform gefunden.
Ein Modellbau-Servo besteht neben der Steuerelektronik im Wesentlichen aus einem Motor und einem Getriebe mit hoher Untersetzung, welches üblicherweise aus mehreren kaskadierten Stufen zusammengesetzt wird.
Beim besagten Servo befinden sich Motorwelle und Ausgangswelle jedoch in einer Flucht und ein solches Servo ist im Modellbau eher unüblich - also habe ich es geöffnet.
Das Servo enthält ein Planetengetriebe mit folgenden Zahnrädern:
ZS = 8 (Sonnenrad)
ZP = 16 (Planetenräder)
ZH = 42 (feststehendes Hohlrad)
Zunächst fällt auf, dass die sich aus den Teilkreisdurchmessern der Zahnräder ergebende Bedingung ZH = ZS + 2*ZP nicht erfüllt ist - das Hohlrad hat demnach 2 Zähne zu viel.
Dem Aufbau nach entspricht es einem Planetengetriebe mit feststehendem Hohlrad gemäß der mittleren Abbildung im von Fabian angegebenen Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Umlaufräd ... ebe#Willis
Die Untersetzung zwischen Sonnenrad und Steg errechnet sich in diesem Fall aus
i = 1-i0 und mit i0 = (-ZH / ZS) ergibt sich i = 1 + 5,25 = 6,25.
Wie man auf dem Bild sieht, besteht das Hohlrad aus 2 Hälften.
Auf die feststehende Hälfte mit den erwähnten 42 Zähnen wird eine bewegliche Hälfte koaxial aufgesetzt, welche allerdings nur 40 Zähne hat.
Das hat zur Folge, dass mit jedem Umlauf des Stegs das bewegliche Hohlrad um 2 Zähne gegenüber der feststehenden Hälfte verdreht wird.
Für eine komplette Drehung sind also 20 Umläufe des Stegs erforderlich, was insgesamt eine Untersetzung von i = 6,25 * 20 = 125 ergibt.
http://www.urlaub-und-hobby.de/videos/p ... triebe.mp4
Eine recht gute Herleitung der Willis-Gleichung und Erläuterungen solcher Getriebe habe ich z. B. auch hier gefunden:
https://www.tec-science.com/de/getriebe ... ngetriebe/
Grüße aus dem Rheinland
Hans-Gerd
in der aktuellen "Schrauber und Sammler" Nr. 31 hat u. a. Fabian seinen Oldsmobile Curved Dash vorgestellt und ist dabei auch auf das Planetengetriebe eingegangen bzw. hat Links dazu angegeben.
Dieses Thema möchte ich hier nochmal in einem anderen Beispiel aufgreifen.
Auf der Suche nach einem passenden Motor habe ich kürzlich in meinem Fundus ein altes Servo mit einer ungewöhnlichen Bauform gefunden.
Ein Modellbau-Servo besteht neben der Steuerelektronik im Wesentlichen aus einem Motor und einem Getriebe mit hoher Untersetzung, welches üblicherweise aus mehreren kaskadierten Stufen zusammengesetzt wird.
Beim besagten Servo befinden sich Motorwelle und Ausgangswelle jedoch in einer Flucht und ein solches Servo ist im Modellbau eher unüblich - also habe ich es geöffnet.
Das Servo enthält ein Planetengetriebe mit folgenden Zahnrädern:
ZS = 8 (Sonnenrad)
ZP = 16 (Planetenräder)
ZH = 42 (feststehendes Hohlrad)
Zunächst fällt auf, dass die sich aus den Teilkreisdurchmessern der Zahnräder ergebende Bedingung ZH = ZS + 2*ZP nicht erfüllt ist - das Hohlrad hat demnach 2 Zähne zu viel.
Dem Aufbau nach entspricht es einem Planetengetriebe mit feststehendem Hohlrad gemäß der mittleren Abbildung im von Fabian angegebenen Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Umlaufräd ... ebe#Willis
Die Untersetzung zwischen Sonnenrad und Steg errechnet sich in diesem Fall aus
i = 1-i0 und mit i0 = (-ZH / ZS) ergibt sich i = 1 + 5,25 = 6,25.
Wie man auf dem Bild sieht, besteht das Hohlrad aus 2 Hälften.
Auf die feststehende Hälfte mit den erwähnten 42 Zähnen wird eine bewegliche Hälfte koaxial aufgesetzt, welche allerdings nur 40 Zähne hat.
Das hat zur Folge, dass mit jedem Umlauf des Stegs das bewegliche Hohlrad um 2 Zähne gegenüber der feststehenden Hälfte verdreht wird.
Für eine komplette Drehung sind also 20 Umläufe des Stegs erforderlich, was insgesamt eine Untersetzung von i = 6,25 * 20 = 125 ergibt.
http://www.urlaub-und-hobby.de/videos/p ... triebe.mp4
Eine recht gute Herleitung der Willis-Gleichung und Erläuterungen solcher Getriebe habe ich z. B. auch hier gefunden:
https://www.tec-science.com/de/getriebe ... ngetriebe/
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Hans-Gerd
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Zuletzt geändert von Hans-Gerd am 18.06.2024 18:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Georg
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Re: Planetengetriebe in Modellbau-Servo
Hallo Hans-Gerd,
Danke für den interessanten Fund.
Für hochuntersetzte Getriebe, d.h. mit hohem Ausgangsdrehmoment, nimmt man gerne solche Umlaufgetriebe, bei denen sich die Zähnezahlen der Hohlräder nur gering unterscheiden und die Zahnfehler nur gering sind oder durch eine spezielle Zahnform ausgeglichen werden.
Das Stichwort ist Wolfrom-Getriebe.
Das ist im Prinzip dem Getriebe ähnlich, das Norbert schon mal vorführte, bei dem ein (altes) 96 -Zähne-Zahnrad und ein 95-Zähne-Zahnrad von Märklin nebeneinander koaxial angeordnet mit einem umlaufenden Ritzel kämmen und sich dadurch eine 1/95-Übersetzung ergibt.
Mir sind derartige Getriebe im Zusammenhang mit Verstelleinrichtungen bekannt, die die Nockenwelle bei Verbrennungsmotoren gegenüber der Kurbelwelle verdrehen.
Danke für den interessanten Fund.
Für hochuntersetzte Getriebe, d.h. mit hohem Ausgangsdrehmoment, nimmt man gerne solche Umlaufgetriebe, bei denen sich die Zähnezahlen der Hohlräder nur gering unterscheiden und die Zahnfehler nur gering sind oder durch eine spezielle Zahnform ausgeglichen werden.
Das Stichwort ist Wolfrom-Getriebe.
Das ist im Prinzip dem Getriebe ähnlich, das Norbert schon mal vorführte, bei dem ein (altes) 96 -Zähne-Zahnrad und ein 95-Zähne-Zahnrad von Märklin nebeneinander koaxial angeordnet mit einem umlaufenden Ritzel kämmen und sich dadurch eine 1/95-Übersetzung ergibt.
Mir sind derartige Getriebe im Zusammenhang mit Verstelleinrichtungen bekannt, die die Nockenwelle bei Verbrennungsmotoren gegenüber der Kurbelwelle verdrehen.
Grüße
Georg
Ich schraube, also bin ich.
Georg
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Hans-Gerd
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Re: Planetengetriebe in Modellbau-Servo
Hallo Georg,
Um nochmal auf ein Differenzialgetriebe zurückzukommen:
Auch das ist ja ein Planetengetriebe, für das die Willis-Gleichung n1 - i0 * n2 - (1 - i0) * nS = 0 gilt.
n1 und n2 sind hierbei die Drehzahlen der Halbwellen und nS ist die Drehzahl des Differenzialgehäuses (Steg).
i0 ist die sog. Standübersetzung und entspricht der Übersetzung der beiden zentralen Wellen (Halbwellen) bei festgehaltenem
Differenzialgehäuse (siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Differentialgetriebe).
Bei einem Differenzial weiß man, dass sich die beiden Zentralwellen (Halbwellen) dann entgegengesetzt drehen und das bedeutet ein i0 = -1.
Setzt man das in die Willis-Gleichung ein, dann ergibt sich für ein Differenzial die Gleichung n1 + n2 = 2 * nS.
Diese Zusammenhänge hatte mir am Beispiel einer 1:11-Übersetzung vor vielen Jahren auf einem Schraubertreffen mal Dr. Peter Hartmann erläutert - ein begnadeter Naturwissenschaftler.
Seine damalige Skizze bewahre ich bis heute als historisches Dokument auf:
Gern erinnere ich mich an die Gespräche mit Peter - leider war es viel zu selten.
Grüße aus dem Rheinland
Hans-Gerd
das Getriebe von Norbert hatte ich vor vielen Jahren auf einem Schraubertreffen schonmal gesehen, habe mich aber gewundert, ein solches Prinzip in einem Modellbau-Servo zu finden.Georg hat geschrieben: ↑18.06.2024 17:45
Das ist im Prinzip dem Getriebe ähnlich, das Norbert schon mal vorführte, bei dem ein (altes) 96 -Zähne-Zahnrad und ein 95-Zähne-Zahnrad von Märklin nebeneinander koaxial angeordnet mit einem umlaufenden Ritzel kämmen und sich dadurch eine 1/95-Übersetzung ergibt.
Um nochmal auf ein Differenzialgetriebe zurückzukommen:
Auch das ist ja ein Planetengetriebe, für das die Willis-Gleichung n1 - i0 * n2 - (1 - i0) * nS = 0 gilt.
n1 und n2 sind hierbei die Drehzahlen der Halbwellen und nS ist die Drehzahl des Differenzialgehäuses (Steg).
i0 ist die sog. Standübersetzung und entspricht der Übersetzung der beiden zentralen Wellen (Halbwellen) bei festgehaltenem
Differenzialgehäuse (siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Differentialgetriebe).
Bei einem Differenzial weiß man, dass sich die beiden Zentralwellen (Halbwellen) dann entgegengesetzt drehen und das bedeutet ein i0 = -1.
Setzt man das in die Willis-Gleichung ein, dann ergibt sich für ein Differenzial die Gleichung n1 + n2 = 2 * nS.
Diese Zusammenhänge hatte mir am Beispiel einer 1:11-Übersetzung vor vielen Jahren auf einem Schraubertreffen mal Dr. Peter Hartmann erläutert - ein begnadeter Naturwissenschaftler.
Seine damalige Skizze bewahre ich bis heute als historisches Dokument auf:
Gern erinnere ich mich an die Gespräche mit Peter - leider war es viel zu selten.
Grüße aus dem Rheinland
Hans-Gerd
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Georg
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Re: Planetengetriebe in Modellbau-Servo
Hallo Hans-Gerd und andere Getriebefreunde,
nicht nur mit 95 und 96 Zähnen Zahnräder geht so ein Umlaufgetriebe.
Meccano hatte mal ein 40-Zähne Zahnrad im Programm, das dann später durch eines mit 38 Zähnen ersetzt wurde.
Hier ist ein Vorführmodell: Ein Märklin 38er Zahnrad ist gehäusefest. daneben ist ein Meccano 40er Zahnrad und um beide rotiert ein Meccano 38er Zahnrad. Da hätte ich lieber ein 19er Ritzel genommen, hätte aber auf halbe Lochabstände ausweichen müssen. Der Arm, auf dem das 38er Meccano-Zahnrad sich dreht, wird durch eine 19/57 Übersetzung angetrieben.
Nichts Tolles, aber nett anzuschauen.
und hier in Aktion:
Und hier noch ein Nachtrag dazu:
nicht nur mit 95 und 96 Zähnen Zahnräder geht so ein Umlaufgetriebe.
Meccano hatte mal ein 40-Zähne Zahnrad im Programm, das dann später durch eines mit 38 Zähnen ersetzt wurde.
Hier ist ein Vorführmodell: Ein Märklin 38er Zahnrad ist gehäusefest. daneben ist ein Meccano 40er Zahnrad und um beide rotiert ein Meccano 38er Zahnrad. Da hätte ich lieber ein 19er Ritzel genommen, hätte aber auf halbe Lochabstände ausweichen müssen. Der Arm, auf dem das 38er Meccano-Zahnrad sich dreht, wird durch eine 19/57 Übersetzung angetrieben.
Nichts Tolles, aber nett anzuschauen.
und hier in Aktion:
Und hier noch ein Nachtrag dazu:
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Grüße
Georg
Ich schraube, also bin ich.
Georg
Ich schraube, also bin ich.
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Re: Planetengetriebe in Modellbau-Servo
Noch ein Nachtrag:
Das Umlaufgetriebe hat eine 1:20 Übersetzung. Das 38er Zahnrad steht fest.
Mit der 1:3 Eingangsübersetzung hat man dann 1:60 - praktisch, um bei Uhren von Sekunden zu Minuten zu kommen.
Das Umlaufgetriebe hat eine 1:20 Übersetzung. Das 38er Zahnrad steht fest.
Mit der 1:3 Eingangsübersetzung hat man dann 1:60 - praktisch, um bei Uhren von Sekunden zu Minuten zu kommen.
Grüße
Georg
Ich schraube, also bin ich.
Georg
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vaute
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Re: Planetengetriebe in Modellbau-Servo
Bleibt die Frage, wie man an das Meccano 40-teath-Pinion rankommt. In den mir bekannten Listen über Meccano-Standardteile ist es nicht enthalten. Quelle Start Borrill vielleicht?
Gruß vaute
Gruß vaute
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Georg
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Re: Planetengetriebe in Modellbau-Servo
Hallo Zahnräder-Sucher, hallo Wilfried
Wie ich weiter oben beschrieben habe, hatte eine frühe Version des Märklin 95-Zähne Zahnrads 96 Zähne.
Anstatt 38 Zähne hatte das Meccano Teil Nr. 31 bis ins Jahr 1921 40 Zähne.
Anstatt 19 Zähne hatte das Meccano Teil Nr. 26 bis ins Jahr 1921 20 Zähne.
Anstatt 57 Zähne hatte das Meccano Teil Nr. 27a bis ins Jahr 1921 nur 56 Zähne.
Solche alten Teile gibt es überall da, wo mit alten Teilen gehandelt wird: auf Meccano-Ausstellungen und online (z.B. ebay) bei Gebrauchtteile-Händlern.
Diese alten Teile sind nicht täglich und überall zu finden, aber gelegentlich tauchen sie an den genannten Stellen auf.
Bei allen vier Varianten lässt sich mit einer Kombination von alt und neu ein Umlaufgetriebe der gezeigten Art bauen.
Nachtrag: Link zur genauen Beschreibung der Teile zugefügt.
http://www.nzmeccano.com/25.php
http://www.nzmeccano.com/27.php
http://www.nzmeccano.com/31.php
Für das Märklin-Zahnrad wäre jetzt eine gute Gelegenheit, hier etwas zu schreiben: viewforum.php?f=50
Grüße
Georg
Ich schraube, also bin ich.
Georg
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