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Hallo Schrauber,
initiiert durch ReinhardY's Vorstellung seines schönes Watt'schen Dampfmaschinen-Modells habe ich mich daran erinnert, vor fast 20 Jahren eine spezielle Ausführung entdeckt zu haben, die ich dann auch nachbaute.
Im letzten Band der vierbändigen Ausgabe von Artur Fürst „Weltreich der Technik“, 1927, fand ich folgende Abbildung:
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Einige Seiten später gab es auch einige Erläuterungen zu F.A. Egells:
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Diese Maschine gefiel mir und ich beschloß sie nachzubauen.
In einem Dampfmaschinen-Forum nahm ich Kontakt zu Herrn V. auf, der ein eine solche Maschine als funktionsfähiges, dampfbetriebenes Modell gebaut hatte:
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Herrn V.'s Funktionsmodell einer frühen Egells-Bügelmaschine. Diese hat eine komplett andere Geradführung der Kolbenstange als das Eingangsbild zeigt.
Dagegen kann ein MBK-Modell natürlich nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Herr V. ist aber ein höflicher Mensch und hatte mein Modell freundlicherweise mit anerkennenden Worten in seinem Forum vorgestellt.
Hier nun dieses Modell (die Fotos habe ich heute gemacht, weil die von 2006 eine zu geringe Auflösung haben):
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Bügelmaschine von Egells: Ansicht von der Schwungradseite.
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Seitenansicht: rechts der untere, die Kurbel der Antriebswelle bewegende Bügel, mittig der Exzenter zur Steuerung der Dampfzufuhr, daneben ein Winkelgetriebe für den Regulator, links das Schwungrad, im Modell über eine Transmission angetrieben von einem Märklin Motor Nr. 1072.
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Ansicht des Kurbeltriebs durch den unteren, längeren Bügel. Unterhalb, im Maschinen-Fundament, ist der Antriebsmotor Nr. 1072 zu sehen.
Die Versorgungsleitungen für den Motor werden seitlich angeschlossen, ein Kippschalter dient zum Ein- und Ausschalten des Motors, dessen Drehrichtung nicht umschaltbar ist.
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Der obere Bügel in der oberen Position. Die Geradführung der Kolbenstange funktioniert nach den gleichen Prinzip wie das Watt'sche Parallelogamm.
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Der obere Bügel in der unteren Position.
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Auf das Gestänge zur Betätigung der Speisepumpe wurde verzichtet.
Gruß
Norbert
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Dampfmaschine: Egells Bügelmaschine
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Norbert
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Dampfmaschine: Egells Bügelmaschine
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Georg
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Re: Dampfmaschine: Egells Bügelmaschine
Hallo Norbert und alle Freunde alter Dampfmaschinen,
ich habe zweierlei Ausgaben des Buches von Conrad Matschoß "Die Entwicklung der Dampfmaschine".
Eine ist von 1908 und aus ihr stammt diese Zeichung der Egells-Maschine:
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Dann gibt es noch das Reprint aus dem VDI-Verlag des gleichen Buchs nach einem Original von 1907, das andere Zeichnungen, dafür mit preussischen Fuß und Metern bemaßt, der Maschine zeigt: .
Warum macht man so eine Konstruktion, die auf den ersten Blick umständlich erscheint?
Da man damals horizontal liegende Zylinder wegen der Reibung vermeiden wollte, blieb nur die vertikale Anordnung übrig.
Um die Seitenkräfte (=Reibung) auf die Zylinderlaufbahn oder den Kreuzopf durch die schräggestellte Pleuelstange gering zu halten, muss man die Pleuestange möglichst lang im Verhältnis zum Hub machen. Das ergäbe dann eine sehr hoch bauende Maschine, wenn die Kurbelwelle etwa auf Fußbodenhöhe liegen würde, darüber eine lange Pleuelstange und daran anschließend der Kreuzkopf und dann in schwindelerregender Höhe der Zylinder.
Um das Ganze kompakter zu bauen, legt man die Pleuelstange quasi um den Zylinder (einmal rechts vorbei und einmal links vorbei) und verbindet sie unter der Kurbelwelle mit einem Bügel, der wiederum auf dem Hubzapfen der Kurbelwelle sitzt. Damit ist die wirksame Pleuellänge sehr lang. Bei den dort üblichen Drehzahlen spielen die bewegten Massen keine entscheidende Rolle.
James Watt hat das Problem mit der Bauhöhe über die Balancier-Dampfmaschine gelöst. Dort sind die Elemente 'nebeneinander' angeordnet.
Watt und Egells haben das Problem Kreuzkopf über das Wattsche Parallelogramm versucht zu umgehen, müssen die Seitenkräfte daher durch eine aufwendige Hebelei abfangen.
Wie bei allen neuen Technologien wusste man auch damals noch nicht, wohin die Entwicklung geht, was machbar und was eine Sackgasse ist. Das endgültige Aussehen einer ausentwickelten Technologie kennt man erst am Schluss, dann wenn etwas Neues und total anderes alles besser kann.
Meine Beispiele sind immer die 28-zylindrigen Sternmotoren, die durch einfache Düsentriebwerke ersetzt wurden oder - ein paar Preisklassen tiefer - die 1500 DM-IBM Kugelkopf-Schreibmaschine, die durch einen 100€-Laserdrucker überflüssig wurde.
Zu Norberts Modell: Die Fliehkraft-Regulator ist cool.
Wie das ganze Modell.
(bis auf die roten Mekanik-Teile, die das Märklin-Modell ein wenig stören)
ich habe zweierlei Ausgaben des Buches von Conrad Matschoß "Die Entwicklung der Dampfmaschine".
Eine ist von 1908 und aus ihr stammt diese Zeichung der Egells-Maschine:
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Dann gibt es noch das Reprint aus dem VDI-Verlag des gleichen Buchs nach einem Original von 1907, das andere Zeichnungen, dafür mit preussischen Fuß und Metern bemaßt, der Maschine zeigt: .
Warum macht man so eine Konstruktion, die auf den ersten Blick umständlich erscheint?
Da man damals horizontal liegende Zylinder wegen der Reibung vermeiden wollte, blieb nur die vertikale Anordnung übrig.
Um die Seitenkräfte (=Reibung) auf die Zylinderlaufbahn oder den Kreuzopf durch die schräggestellte Pleuelstange gering zu halten, muss man die Pleuestange möglichst lang im Verhältnis zum Hub machen. Das ergäbe dann eine sehr hoch bauende Maschine, wenn die Kurbelwelle etwa auf Fußbodenhöhe liegen würde, darüber eine lange Pleuelstange und daran anschließend der Kreuzkopf und dann in schwindelerregender Höhe der Zylinder.
Um das Ganze kompakter zu bauen, legt man die Pleuelstange quasi um den Zylinder (einmal rechts vorbei und einmal links vorbei) und verbindet sie unter der Kurbelwelle mit einem Bügel, der wiederum auf dem Hubzapfen der Kurbelwelle sitzt. Damit ist die wirksame Pleuellänge sehr lang. Bei den dort üblichen Drehzahlen spielen die bewegten Massen keine entscheidende Rolle.
James Watt hat das Problem mit der Bauhöhe über die Balancier-Dampfmaschine gelöst. Dort sind die Elemente 'nebeneinander' angeordnet.
Watt und Egells haben das Problem Kreuzkopf über das Wattsche Parallelogramm versucht zu umgehen, müssen die Seitenkräfte daher durch eine aufwendige Hebelei abfangen.
Wie bei allen neuen Technologien wusste man auch damals noch nicht, wohin die Entwicklung geht, was machbar und was eine Sackgasse ist. Das endgültige Aussehen einer ausentwickelten Technologie kennt man erst am Schluss, dann wenn etwas Neues und total anderes alles besser kann.
Meine Beispiele sind immer die 28-zylindrigen Sternmotoren, die durch einfache Düsentriebwerke ersetzt wurden oder - ein paar Preisklassen tiefer - die 1500 DM-IBM Kugelkopf-Schreibmaschine, die durch einen 100€-Laserdrucker überflüssig wurde.
Zu Norberts Modell: Die Fliehkraft-Regulator ist cool.
Wie das ganze Modell.
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Grüße
Georg
Ich schraube, also bin ich.
Georg
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ReinhardY
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Re: Dampfmaschine: Egells Bügelmaschine
Hallo Norbert,
ein sehr schönes und lehrreiches Modell.
Ich versuche, mir das noch in schwarz/messing vorzustellen...
Gruß
Reinhard
ein sehr schönes und lehrreiches Modell.
Ich versuche, mir das noch in schwarz/messing vorzustellen...
Gruß
Reinhard
Viele Grüße
Reinhard
Das Auge schraubt mit und:
Der Appetit kommt beim Schrauben
Reinhard
Das Auge schraubt mit und:
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Georg
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Re: Dampfmaschine: Egells Bügelmaschine
Hallo Schrauber,
beim Betrachten der Bilder der Vorbild-Dampfmaschine von Egells fiel mir erst später auf, dass da zwei unterschiedliche Maschinen gezeigt werden.
Norbert hat aus dem „Weltreich der Technik“ zitiert und ich habe aus zwei unterschiedlichen Auflagen von Conrad Matschoß "Die Entwicklung der Dampfmaschine“ Bilder gezeigt.
Im Weltreich der Technik und im Matschoß-Buch von 1908 hat die Egells-Maschine einen Kreuzkopf zur Geradführung des Kolbens. Im Matschoß-Buch von 1907 (Reprint des VDI-Verlags) wird der Kolben durch ein Hebel-Gestänge, ähnlich dem Wattschen Parallelogramm gerade geführt. So, wie es Norbert gebaut hat.
beim Betrachten der Bilder der Vorbild-Dampfmaschine von Egells fiel mir erst später auf, dass da zwei unterschiedliche Maschinen gezeigt werden.
Norbert hat aus dem „Weltreich der Technik“ zitiert und ich habe aus zwei unterschiedlichen Auflagen von Conrad Matschoß "Die Entwicklung der Dampfmaschine“ Bilder gezeigt.
Im Weltreich der Technik und im Matschoß-Buch von 1908 hat die Egells-Maschine einen Kreuzkopf zur Geradführung des Kolbens. Im Matschoß-Buch von 1907 (Reprint des VDI-Verlags) wird der Kolben durch ein Hebel-Gestänge, ähnlich dem Wattschen Parallelogramm gerade geführt. So, wie es Norbert gebaut hat.
Grüße
Georg
Ich schraube, also bin ich.
Georg
Ich schraube, also bin ich.
